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6. Lizenzrechtliche Fragen

Wie schon erwähnt, versteht man unter einer ``Lizenz'' die Einräumung von Nutzungsrechten an Schutzrechten. Die §§ 31ff. UrhG regeln die Einräumung von solchen Nutzungsrechten. In der Praxis enthalten die den Programmpaketen beigelegten ``Lizenzen'' eine Mischung aus einer Lizenz und Erklärungen zur Frage der Haftung bei Fehlern der Software. Rechtlich gesehen könnten solche Erklärungen vertragliche Haftungsausschlüsse sein. Es muß jedoch im Einzelfall geklärt werden, ob überhaupt ein Vertrag zustande gekommen ist.

Denn einseitige Erklärungen, daß man für nichts hafte, haben rechtlich gesehen keine Bedeutung. Die gesetzliche Haftung nach den §§ 823ff. BGB kann nicht durch Erklärungen geändert werden.

In der Welt der Freien Software haben vor allem die GNU General Public License und die GNU Library General Public License eine große Bedeutung. Ein großer Mangel der GPL und der LGPL ist, daß die einzelnen Abschnitte keine Überschriften enthalten, so daß diese Lizenzen sehr unübersichtlich wirken.

Meistens werden Lizenzen wie die GPL oder LGPL nur in englischer Sprache der Software beigefügt. Bei Software, die in Deutschland vertrieben wird, sollten jedoch auch deutsche Übersetzungen dabei sein, da die Vertragssprache im allgemeinen ``Deutsch'' ist.

6.1 GPL - GNU General Public License -

Eine deutsche Übersetzung der GPL ist im Internet unter ( http://www.suse.de/doku/gpl/gpl-ger.html) zu finden.

Die GPL besteht aus einem Vorwort und 13 Abschnitten.

Im Vorwort wird der Sinn und Zweck der GPL erläutert. Rechtswirksame Erklärungen sind im Vorwort nicht enthalten.

Im nullten Abschnitt wird der Anwendungsbereich der GPL definiert und einige Begriffsdefinitionen vorgenommen. Rechtlich von Bedeutung ist die Aussage, daß die Ausführung des Programms nicht eingeschränkt (not restricted) und nicht von der GPL berührt wird (outside its scope). Dies ist etwas widersprüchlich, denn durch diese Formulierungen wird noch keine Nutzungserlaubnis erteilt. Genau dies ist aber wohl gemeint. Dabei ist zu berücksichtigen, daß im deutschen Urheberrecht schon das Kopieren eines Programms in den RAM ein urheberrechtlich bedeutsamer Vorgang ist, also vom Urheber erlaubt sein muß.

Im ersten Abschnitt wird die Erlaubnis erteilt, unveränderte Kopien des Quelltextes des Programms anzufertigen und zu verbreiten, wenn gewisse Bedingungen (Copyright-Vermerk, Haftungsausschluß) erfüllt werden. Diese Bedingungen müssen vom Lizenznehmer bei der Anfertigung von unveränderten Kopien erfüllt werden, da anderenfalls der Urheber rechtlich gegen den Lizenznehmer vorgehen kann. Für das Funktionieren des Programms darf mit Dritten ein entgeltlicher Garantievertrag abgeschlossen werden.

Im zweiten Abschnitt wird festgelegt, unter welchen Bedingungen Veränderungen des Programms vorgenommen und vervielfältigt und verbreitet werden dürfen. Zusätzlich zu den Bedingungen aus Abschnitt eins müssen noch drei weitere Bedingungen erfüllt sein: Ein auffälliger Vermerk muß angebracht werden, es dürfen keine Lizenzgebühren gefordert werden und die Bearbeitung muß bei interaktiver Ausführung einen Copyright-Vermerk enthalten. Die Möglichkeit, gegen Entgelt eine Garantie anzubieten, soll nicht beschnitten werden. Vielmehr wird gefordert, daß auch eine kostenlose Version erhältlich sein muß.

Der dritte Abschnitt regelt die Verbreitung des Objectcodes. Wenn der Objectcode verbreitet wird, muß alternativ eine der drei Bedingungen erfüllt sein: der Quelltext muß dabei sein, oder ein drei Jahre lang gültiges schriftliches Angebot, den Quellcode zur Verfügung zu stellen, muß gegeben werden, oder eine solche Erklärung, die man selbst erhalten hat, muß weitergereicht werden. Für das Zurverfügungstellen des Quellcodes dürfen nur Kopierkosten berechnet werden. Die Versandkosten werden nicht erwähnt, so daß diese auch nicht berechnet werden dürfen.

Der vierte Abschnitt enthält das Gebot, ein durch die GPL geschütztes Programm nur unter Beachtung der GPL zu verbreiten. Rechtlich gesehen ist dieser Abschnitt größtenteils überflüssig.

Der fünfte Abschnitt enthält die Fiktion, daß durch eine Veränderung oder Verbreitung des Programms automatisch das Einverständnis zur GPL erklärt wird. Diese Fiktion hat im deutschen Recht keine Wirkung. Die Schutzrechte des Urhebers hängen nicht davon ab, ob die Lizenz anerkannt wird.

Der sechste Abschnitt enthält wiederum eine Fiktion: Bei jeder Weitergabe erhält der Empfänger automatisch eine Lizenz vom Urheber des Programms. Im deutschen Recht hat diese Fiktion keinen Sinn.

Abschnitt sieben regelt den Fall, daß einem Anwender des Programms durch ein Gerichtsurteil Bedingungen auferlegt werden, die der GPL widersprechen. In diesem Fall darf der Anwender das Programm nicht verwenden.

Abschnitt acht legt fest, daß bei der Möglichkeit einer Kollision mit in bestimmten Ländern existierenden Patenten oder ähnlichen Rechten die Möglichkeit besteht, die Verbreitung des Programms auf bestimmte Staaten zu beschränken.

Abschnitt neun betrifft neue Versionen der GPL.

Abschnitt zehn fordert den Anwender auf, sich an den Urheber des Programms zu wenden, wenn er eine Lizenz abweichend von der GPL haben möchte.

Durch die nächsten beiden Abschnitte soll jegliche Gewährleistung ausgeschlossen werden.

Abschnitt elf beginnt daher mit dem Satz ``Da das Programm ohne jegliche Kosten lizenziert wird, besteht keinerlei Gewährleistung für das Programm, soweit dies gesetzlich zulässig ist''. Dies entspricht der Rechtslage in den USA und ist bezogen auf die USA lediglich ein Hinweis auf die Rechtslage. In Deutschland ist die Rechtslage unklarer. Wenn kein Vertrag zwischen dem Lizenzgeber und dem Lizenznehmer vorliegt, hat der Gewährleistungsausschluß keine Wirkung. Es gelten die gesetzlichen Bestimmungen. Wird ein Vertrag geschlossen, was eher die Ausnahme ist, so könnte der Haftungsausschluß eine AGB sein. Da das AGBG solche Haftungsausschlüsse untersagt, ist die Klausel unwirksam. Besser wäre es, mehrere getrennte Haftungsausschlüsse bezogen auf unterschiedliche Fahrlässigkeitsstufen und Sachverhalte in die GPL aufzunehmen.

Vom Haftungsausschluß abgesehen ist davon auszugehen, daß die in der GPL gewährten Nutzungsrechte und die Nutzungsbeschränkungen mit dem deutschen Urheberrecht vereinbar sind, also dingliche Wirkung entfalten. Irgendwelche Einschränkungen betreffend die räumliche Verbreitung der Software sind in der GPL nicht enthalten, so daß eine Kollision mit dem sog. ``Erschöpfungsgrundsatz'' (§ 69c Nr. 3 UrhG) nicht möglich ist.

6.2 LGPL - GNU Library General Public License -

Eine englische Originalversion der LGPL befindet sich im Anhang.

Die LGPL wurde von der FSF herausgegeben, damit die Möglichkeit besteht, Libraries in kommerzielle Software einzubinden, ohne alle Beschränkungen der GPL einhalten zu müssen. Die LGPL gibt dem Lizenznehmer also größere Freiheiten.

Die LGPL besteht aus einem Vorwort und siebzehn Abschnitten, enthält also vier Abschnitte mehr als die GPL. Teilweise ist die LGPL im Wortlaut mit der GPL identisch. Es wird daher nur auf die Unterschiede eingegangen.

Im Vorwort enthält die LGPL noch einige zusätzliche Hinweise zu Libraries.

Nullter Abschnitt: siehe oben bei der GPL.

Der erste Abschnitt ist nahezu identisch zu dem der GPL.

Im zweiten Abschnitt wird für das Vervielfältigen und Verbreiten von veränderten Libraries nicht die Ausgabe einer Copyrightmeldung verlangt (dies wäre auch wenig sinnvoll), dafür aber zwei zusätzliche Bedingung gefordert: Die geänderte Version muß wieder eine Library sein und jede Funktion der Library muß unabhängig sein von Funktionen oder Tabellen der Software, welche die Library verwendet. Das bedeutet, daß die Funktion der Library nicht von irgendwelchen externen zusätzlichen Funktionen oder Tabellen abhängig sein darf. Man möchte dadurch wohl verhindern, daß Ruinen von nicht selbständig funktionsfähigen Libraries entstehen.

Der dritte Abschnitt stellt dem Lizenznehmer frei, veränderte Versionen unter die GPL an Stelle der LGPL zu stellen. Das ist von Bedeutung, wenn Teile der Library in ein Programm integriert werden.

Der vierte Abschnitt entspricht dem dritten Abschnitt der GPL: der Sourcecode von Kopien oder Bearbeitungen muß verfügbar sein.

Der fünfte Abschnitt behandelt Programme, welche die Library nutzen. Für geringfügige Nutzungen der Library gibt es keine Restriktionen.

Bei nicht geringfügiger Nutzung der Library fordert Abschnitt sechs, daß alle Copyright-Informationen der LGPL mitgeliefert werden müssen. Weiterhin muß alternativ eine der vier Bedingungen erfüllt sein: der Sourcecode der Library und des Programms müssen mitgeliefert werden oder drei Jahre lang bereit gehalten werden.

Abschnitt sieben behandelt gemischte Libraries, die auch Funktionen enthalten, die nicht unter die LGPL fallen.

Die Abschnitte acht bis sechszehn der LGPL entsprechen fast wörtlich den Abschnitten vier bis zwölf der GPL.

6.3 Andere Lizenzen und Beispielsfälle

Zahlreiche Organisationen haben eigene Lizenzen herausgegeben. So z. B. die Debian License ( http://www.debian.org/license.html), die BSD Style License ( http://www.debian.org/misc/bsd.license), die OpenBSD Copyright Policy ( http://www.openbsd.org/policy.html) um nur eine kleine Auswahl zu nennen.

Interessant ist auch die Definition von ``Open Source'' der open-source community ( http://www.opensource.dk/mirror/de-osd.html), die eine Mischung aus einer Definition und Rahmenbedingungen für Lizenzen enthält. Die GPL genügt den Anforderungen einer Open Source Lizenz.

Daneben gibt es unzählige private Kreationen. Alle diese Lizenzen haben im Rahmen der §§ 31ff. UrhG Gültigkeit und müssen beachtet werden. Die Konsequenzen einer Nichtbeachtung verdeutlicht folgender

Beispielsfall
Der Hobbyprogrammierer P hat ein wunderschönes Malprogramm entwickelt. Weil er der Ansicht ist, daß Software möglichst kostengünstig sein soll, verfügt er in der dem Programm beiliegenden Lizenz, daß sein Malprogramm nur in Softwaresammlungen weitervertrieben werden darf, die nicht mehr als 100 DM kosten. Der Distributor D nimmt das Programm in seine Sammlung auf, die er für 99 DM vertreibt. Der Kaufhauskonzern K kauft 5000 der Distributionen auf und vertreibt diese für 199 DM. D und P möchten wissen, was sie dagegen unternehmen können.

Nach der Rechtsprechung sind weitgehende Nutzungseinschränkungen nach § 32 UrhG möglich: z. B. darf der Vertrieb eines Programms zusammen mit anderen Programmen verboten werden (siehe OLG Köln 6 U 136/95 ). Die gewerbliche Nutzung darf ganz untersagt werden (siehe OLG Düsseldorf 20 U 65/95 ). Anders aber Marly 1997 (aaO S. 130), der in manchen Einschränkungen eine Einschränkung des sogenannten ``Erschöpfungsgrundsatzes'' (siehe Nordemann/Fromm 1998 Urheberrecht) sieht. Marly nimmt an, daß manche Nutzungsbeschränkungen schuldrechtliche Verpflichtungen sind (Schenkung mit Auflage), deren Wirksamkeit bei einer Weiterverbreitung der Software unterbrochen wird. Sollte sich diese Rechtsauffassung durchsetzen, so hätte dies weitreichende Konsequenzen für kommerzielle Software, die an Privatanwender kostenlos verteilt wird (z. B. StarOffice). Voraussetzung ist stets, daß die Einschränkungen dem Nutzer zugänglich gemacht werden. Zum Beispiel in Form einer README-Datei. Es ist davon auszugehen, daß der Programmautor auch Bestimmungen über den Kaufpreis treffen darf, dem Kaufhauskonzern also die Vermarktung untersagen kann.

Anders sieht die Situation für den Distributor aus. Er darf keine Vereinbarungen über die Preisgestaltung treffen (§ 14 GWB). Er kann somit keinen Einfluß auf den Kaufpreis nehmen, den der Kaufhauskonzern K verlangt. Möglicherweise ist schon die Aufnahme des Malprogramms in die Distribution ein Verstoß gegen das Verbot der Preisbindung.

Ein weiterer Beispielfall behandelt den sogenannten ``gutgläubigen Erwerb'' von Rechten.

Beispielsfall
Der Distributor D vertreibt das Sharewareprogramm ``Kalender'', ein Programm zur Terminverwaltung, versehentlich als Freeware. Nachdem dieser Irrtum erkannt und behoben wurde, befindet sich das Programm in den Händen vieler Endnutzer, die inzwischen Kalender für ihre Terminverwaltung verwenden und auf das Programm dringend angewiesen sind. Die Endnutzer möchten keine Lizenzgebühr bezahlen und berufen sich darauf, daß sie das Programm in dem guten Glauben erworben haben es sei Freeware. Die Endnutzer möchten wissen, ob sie Kalender weiter nutzen dürfen und wenn nicht, ob sie von D Schadensersatz verlangen dürfen.

Nach dem BGB können Sachen unter bestimmten Umständen gutgläubig erworben werden. Das heißt, jemand kann Eigentümer einer Sache durch Veräußerung der Sache durch einen Nichteigentümer werden, wenn er davon ausgeht, daß der Nichteigentümer Eigentümer ist. Im Urheberrecht gibt es dagegen keinen gutgläubigen Erwerb. Die Endnutzer dürfen ``Kalender'' nicht nutzen ohne Lizenz des Autors. Ob die Endnutzer einen Schadensersatzanspruch gegen D haben, ist eine nicht leicht zu beantwortende Frage. Die Antwort hängt davon ab, ob man Kaufvertragsrecht für anwendbar hält oder Schenkungsrecht. Diese Fragestellung wird aber erst im nächsten Abschnitt behandelt. Im ungünstigsten Fall haftet D auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung: Er muß die Lizenzgebühren für alle Endnutzer für das Programm ``Kalender'' bezahlen. Dies zeigt auch, wie wichtig es ist, daß sich der Distributor Gewißheit über seine Quellen und über die Seriosität der Programmautoren verschafft.

6.4 Urheberrechtsverletzungen

Folgender Beispielsfall behandelt eine typische Urheberrechtsverletzung:

Beispielsfall
Der Distributor D vertreibt eine Linux-Distribution. In der Distribution befindet sich ein Programm, das nach dem Inhalt einer README-Datei vom Autor A stammt. A ist mit einer Verbreitung des Programms durch D einverstanden. Tatsächlich ist jedoch B Urheber des Programms. B ist nicht mit einer Verbreitung des Programms durch D einverstanden und möchte per einstweiliger Verfügung erreichen, daß die Auslieferung der Distribution verhindert wird und sämtliche Vervielfältigungstücke eingestampft werden.

§ 69f UrhG knüpft an § 98 UrhG an, wonach der Verletzte verlangen kann, daß alle rechtswidrig hergestellten, verbreiteten und zur rechtswidrigen Verbreitung bestimmten Vervielfältigungsstücke, die im Besitz oder Eigentum des Verletzers stehen, vernichtet werden können. § 69f UrhG weitet dieses Recht auf alle Eigentümer oder Besitzer aus. Somit kann B auch von D die Vernichtung oder die Herausgabe gegen eine angemessene Vergütung (§ 98 II UrhG) verlangen. Wenn die Wahrnehmung dieser Rechte im Einzelfall unverhältnismäßig ist und die Rechtsverletzung auf andere Weise beseitigt werden kann, hat der Verletzte nur Anspruch auf die hierfür erforderlichen Maßnahmen (§ 98 III UrhG). Unverhältnismäßigkeit wird bei der Vernichtung einer Festplatte angenommen, bei CDs, deren Herstellungskosten relativ gering sind, ist jedoch davon auszugehen, daß eine Vernichtung im allgemeinen nicht unverhältnismäßig ist. D muß daher wahrscheinlich die CDs seiner Distribution vernichten.

Der folgende Beispielsfall behandelt die Frage, ob Linux-Distributionen frei kopiert werden können:

Beispielsfall
Der Distributor D vertreibt eine Linux-Distribution. Innerhalb dieser Distribution befindet sich auch kommerzielle Software des Anbieters K, die bunt unter die Freie Software gemischt ist. A kauft die Distribution und installiert sie auf mehreren Rechnern. B kopiert sich die CDs, weil das ständige Ausleihen ihm zu mühsam ist. D erfährt davon und möchte gegen A und B vorgehen. Ebenso K, der aber außerdem gegen D vorgehen möchte, weil dieser durch das bunte Gemisch an Software die Urheberrechtsverletzungen begünstigt.

Die aufgeworfenen Rechtsfragen können in der Allgemeinheit nicht beantwortet werden. Zunächst muß geklärt werden, ob die Distribution eine Datenbank im Sinne der § 87a ff. UrhG ist, was für die meisten Distributionen wohl zutreffen wird. Dann hätte D Urheberrechte an der Distribution als Ganzes und könnte die Nutzungsrechte so beschränken, daß eine Mehrfachinstallation oder Kopie der Distribution unzulässig ist. Die nächste Frage ist, ob eine Einschränkungen obiger Art mit der GNU General Public License vereinbar sind. Abschnitt sechs der GPL fordert, daß ``keine weiteren Einschränkungen der Durchsetzung der [...] zugestandenen Rechte des Empfängers'' vorgenommen werden dürfen. Wahrscheinlich liegt keine Verletzung der GPL vor, wenn die auf der Distribution enthaltene Freie Software nicht als Ganzes kopiert werden darf. Was die Ansprüche des K gegen D anbetrifft, muß § 97 UrhG herangezogen werden. Die Frage ist, ob D durch eine bunte Mischung von Freier und kommerzieller Software Urheberrechtsverletzungen provoziert. K könnte dann Unterlassung verlangen, bei Vorsatz oder Fahrlässigkeit sogar Schadensersatz. Man wird daher fordern müssen, daß D Freie und kommerzielle Software ganz klar trennt und entweder in getrennte Verzeichnisse oder auf verschiedenen CDs unterbringt. Ferner muß der Nutzer schon vor der Installation darauf hingewiesen werden, welche Software Freie Software ist, und welche Lizenz hierfür gilt. Befindet sich kommerzielle Software, die nicht kopiert werden darf, auf einer CD, so müssen sich die Hinweise schon außerhalb der Programmpakete befinden. CDs, die ausschließlich kommerzielle Software enthalten, sollten als solche beschriftet sein. Es darf nicht passieren, daß ein Nutzer erst nach Kopieren und Entpacken kommerzieller Pakete feststellen kann, daß er soeben eine Urheberrechtsverletzung begangen hat.

6.5 Patent- und Markenrechtsverletzungen

Der folgende Beispielfall behandelt eine Markenrechtsverletzung:

Beispielsfall
Der Softwarehändler S betreibt ein kleines Softwareunternehmen. S vertreibt Software fast ausschließlich über das Internet. Die Angebote kann man unter http://www.software-shop.de einsehen. S versucht seine Firmenbezeichnung "Software-Shop" als Marke schützen zu lassen. Sein Antrag beim Deutschen Patentamt wird aber zurückgewiesen, das Zeichen ``Software-Shop'' sei ``beschreibend und nicht unterscheidungskräftig''. Einige Zeit später stellt S fest, daß ein anderes größeres Unternehmen T, das Zeichen ``Software-Shop'' als Wortmarke eingetragen hat. S weiß nicht, weshalb T mit seiner Eintragung Erfolg hatte. Kurze Zeit später erhält S ein anwaltliches Schreiben, daß er seine Internetadresse und die Geschäftsbezeichnung ``Software-Shop'' nicht mehr benutzen dürfe. S ist am Ende.

Grund für die Eintragung der Marke könnte sein, daß T im Rahmen des Rechtsmittelverfahrens gegen eine Zurückweisung der Anmeldung erreicht hat, daß das Zeichen doch eingetragen werden muß, weil beispielsweise ``Unterscheidungskraft'' doch gegeben ist oder das Zeichen sich ``in den beteiligten Verkehrskreisen durchgesetzt hat''. Sofern ``Unterscheidungskraft'' gegeben ist, könnte sich S darauf berufen, daß er mit dem Zeichen schon Verkehrsgeltung im Sinne von § 4 Nr. 2 MarkenG erworben hat und nach den §§ 12, 51, 55 MarkenG auf Löschung der Marke des T klagen. Anderenfalls käme ein Antrag auf Löschung nach den §§ 50, 54 MarkenG in Frage.

Der folgende Beispielsfall behandelt eine Patentrechtsverletzung:

Beispielsfall
Der Programmierer P entwickelt PGP-Software (Pretty Good Privacy encryption system). Dabei verwendet er einen patentierten Algorithmus, weil dieser ihm besonders gut erscheint. Die PGP-Software versieht er mit einer GNU General Public License und stellt sie ins Netz. P meint, daß er das dürfe, weil er die Software nicht kommerziell vertreibt. Der Distributor D ist begeistert von der PGP-Software und nimmt sie in seine Distribution auf. Der Patentinhaber I erfährt davon und möchte gegen P und D vorgehen.

Nach § 11 Patentgesetz erstreckt sich die Wirkung eines Patents nicht auf ``Handlungen, die im privaten Bereich zu nicht gewerblichen Zwecken vorgenommen werden''. Dies mag noch für die Entwicklung der PGP-Software gelten, bei einer Verbreitung im Netz kann von einem privaten Bereich schon nicht mehr die Rede sein und bei der Aufnahme in eine Distribution liegt auf jedem Fall ein gewerblicher Zweck vor. I kann gegen P und D vorgehen und Unterlassung, Schadensersatz oder Vernichtung der Datenträger verlangen.


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