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"Intellectual Property" and Public Domain

Zusammenfassung von Martin Conrads

Richard Stallman, Miterfinder von GNU und Gründer der "Free Software Foundation" übernimmt im Folgenden, am Rednerpult stehend, das Mikrophon, nicht ohne sich zuvor seiner Schuhe entledigt zu haben.

2 Ausgangfragen sollen seine Rede prägen:
1: "Worum geht es beim "Free Software Movement"?
2: "Wie kann man deren Grundsätze auf andere Bereiche als Software übertragen?"

Wie entstand Frage 1 überhaupt, fragt sich Stallman im folgenden, und erzählt hierauf mit viel Witz seine Geschichte als Softwareprogrammierer, die in den 70er Jahren als Teil einer untereinander frei Software austauschenden Community begann. Als sich die Community aufgrund bestimmter, von Stallman nicht weiter ausgeführter, Unpäßlichkeiten (Abwerbung?) in den 80er Jahren auflöste, sah er sich vor die Frage gestellt, wie sich der Gedanke einer freien, nicht betriebsinternen Gegebenheiten angepaßten Softwareentwicklung weiter tragen könnte. Das tragische an den Copyright-Gesetzen zur Software sei nämlich, so Stallman, daß das Aushelfen unter (Software)Nachbarn, für Stallman selbtverständliches Element sozialer Zusammenhänge, für die Industrie als Akt der Piraterie gilt.

In der Gewißheit, daß das Entscheidende bei der Entwicklung neuer Software nicht der Preis, sondern die Freiheit (auch die des freien Austauschs) sei, entschied sich Stallman also, das Software-Feld nicht zu verlassen, sondern ein freies Operating System zu entwickeln. Frei heißt dabei auch: You should be free to run the program + to still having the freedom to co-operate!

Mit diesem Konzept ging Stallman, so die Erzählung, in den folgenden Jahren daran, das Prinzip des freien Austauschs unter Computer Usern als Bedingung von Freundschaft zu sichern. Seine Begründungen: "Any legal system that prohibits exchange is polluting societies" + "The US is pushing on the whole world a war on copying! It´s as important as the war on drugs"

Stallman scheut an dieser Stelle nicht davor zurück, die in den USA praktizierten Kontrollmechanismen zur Wahrung des Copyrights mit solchen aus der Sowjetunion zu vergleichen.

Der einzige Weg, wirklich "frei" zu sein bei der Entwicklung, Benutzung und dem Austausch von Software liegt für Stallman darin begründet, proprietäre Software komplett zu vermeiden - oder positiv formuliert: Nur "freie" Software zu benutzen. Genau aus diesem Grund sei ein freies Betriebssystem der Grundstein dieser Praktik.

An dieser Stelle seines Vortrages kann Stallman natürlich nicht umhin, GNU vorzustellen, das von ihm aus einem Kollektivunternehmen heraus entwickelte Betriebssystem, das mittlweile als Teil von Linux Funktionsfähigkeit erlangt hat - oder wie es Stallman lieber darstellt: Die meisten Menschen gehen davon aus, daß für das Funktionieren von Linux lediglich die Komponenten von GNU gefehlt haben, die schließlich in Linux integriert wurden. Tatsächlich verhalte es sich genau andersherum: Linux sei der Part gewesen, der, nachdem für GNU (eine Art Akronym von UNIX) in den frühen 90ern - außer dem Systemkern - alle wesentlichen Bestandteile entwickelt waren, GNU hinzugefügt worden sei.

Stallmans Wortwitz legt offen, daß man sich der Lösung dieser Frage entweder gestalttheoretisch oder gläubig nähern muß. Daß Stallman seine Variante als die von der Öffentlichkeit verschleierte hält, heißt nicht, daß er diesen Zustand hinnimmt...

....wie auch immer:

Die von Stallman 1998 gegründete "Open Soure Movement" verhalte sich zur "Free Software Movement" ebenfalls im Stil einer Glaubensfrage: "Freie Software" sieht Stallman eher als philosophischen Aspekt einer größeren Ordnung, nämlich der der "Development Methodology", zu deren Förderung die "Open Soure Movement" ins Leben gerufen wurde und zu der Stallman sich bekennt.

Nun kommt Stallman zur zweiten seiner Ausgangsfragen:
 

Welche Prozesse und Produkte des technokulturellen Lebens sollten ebenso frei sei wie freie Software? Als Beispiel und Modell für die Nützlichkeit freien Austausches zieht Stallman das Kochrezept heran, das in Teilen ähnlich wie ein Algorithmus funktioniere.

Ganz im Gegensatz dazu etwa seien die kulturellen Praktiken des Copyrights in der Musikindustrie: Hier braucht man nicht einmal eine Source Code, wenn man Teile eines Tracks weiterverarbeiten, kopieren oder sampeln will, dennoch seien hier die restriktiven Maßnahmen extrem hoch. Die Musikbranche funktioniere nach dem einfachen Grundsatz, daß diejenigen, die die Information (sprich: die Rechte der Industrie an einem Produkt) besitzen, auch die Macht und Kontrolle über die Veröffentlichung haben. Das Recht derer, die die Musik erzeugt haben, die Veröffentlichung selbst in die Hand zu nehmen (etwa über das Netz als Shareware, was nach Stallman sogar besser funktioniere als die üblichen, analogen Distributionskanäle) werde von der Industrie unterdrückt: "The term music industry is an insult to music!"

Des weiteren fordert Stallman die Entstehung einer "Free Internet Encyclopaedia of All Knowledge" als ultimativem, frei entstandenem und frei zugänglichem Wissenspool von allen für alle. Stallmans Vorstellung, antibürokratisch diesen Pool aus Beiträgen von "Lehrern" aufzubauen, die nach dem Grundsatz der "Granularität" (viele kleine Texte sind besser als einige große) sukzessive ihr Wissen in kleineren Beiträgen der Menscheit zur Verfügung stellen, klingt nach Utopie.

Nachdem Stallman mit seinem Vortrag zu Ende gekommen zu sein scheint, wendet sich dieser jedoch plötzlich einem ungeahnten Show-Höhepunkt zu, in dem Stallman seine GNUGuru-Stellung noch ausbauen kann:

In einem scheinbar lange vorbereiteten Akt streift sich Stallman plötzlich ein messianisch-hippieskes Gewand über, setzt sich einen selbstgebastelten Heiligenschein auf, legt sein Notebook als postgutenbergianische Bibel in seine Armbeuge,erhebt die andere Hand und verkündet, unter dem Beifall des amüsierten Publikums, seine Wiederkehr als sein Alter Ego, dem Heiligen IGNUtius, der Teil der "Church of Emacs" sei. "Wenn ihr Euer Leben in moralischer Reinheit führen wollt", predigt er, "dann installiert ein gänzlich freies Betriebssystem, und installiert darauf nur freie Software! Erst dann könnt ihr Heilige in der Church of Free Software werden!". Die anwesende Gemeinde nimmt diesen Vorschlag zur Absolution gläubig und begeistert auf...

Mit Verlaub, ein salbungsvolleres Ende hätten die Wizards of OS nicht finden können...

Hinzugefügt seien hier lediglich zwei der zahlreichen Fragen, die im Anschluß an Stallman gestellt wurden:

- (in bezug auf Benny Härlins Vortrag): "Are Software patents as devastating as GE patents?"
Stallman: "Absolutely!"

- "How do you make your money?"
Stallman: "By speaking on conferences like this + by living cheaply: I have no expensive hobbies like horses, cars, boats, airplanes, paintings or children... This was absolutely essential for the GNU project!"


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