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"Intellectual Property" and Public Domain

Zusammenfassung von Martin Conrads

Timothy Druckrey nimmt die Moderation für das zweite Panel in englischer Sprache mit einem Dank an Volker Grassmuck und mikro in die Hand.

Ein Zitat von Paul Virilio ("we are programming our absence") gibt ihm den Raum, auf die "deep cultural costs" der kybernetischen Entwicklungen hinzuweisen. Mit einem kleinen, quasi-sozialistischen Rekurs zu Kontrolle und Freiheit ("free software is useless unless it comes with free rent, cars, phone bills, boats, airplanes - and free lunch") öffnet er das Thema der Wizards of OS in diesem Panel für Benny Härlins nun folgenden Vortrag "The Source Code of Life: Monsanto Domain or Public Domain".

Härlins Vortrag ist ein step-by-step durchprojizierter Diskurs über die Macht der Gene-Food Industry, vor allem exerziert am Beispiel der US-Firma Monsanto.

Die Antwort zu seiner rhetorischen Ausgangsfrage, ob Gene/Leben käuflich sein solllten, nimmt Härlin gleich selbst vorweg: "It should stay free and even become more free by understanding what life is". Sein Vortrag über die Marktwirtschaftlichkeit von "GMO´s" (Genetically Modified Organisms) zeigt aber, daß seine Antwort alles andere als Widerspiegelung in der Realität erfährt: Der Slogan auf der nun projizierten Website von Monsanto wirkt angesichts der Ausführungen Härlins zynisch: "Food, Health, Hope".

Härlin stellt im folgenden die grundsätzliche Frage "Was ist ein Patent?" und beleuchtet die gängigen und UN-rechtlich geltenden Definitionen von Patenten.

Patentierbar ist demnach alles, was als "not obvious, useful result of a creative act" gelten kann.

Laut einer Entscheidung des US Supreme Court ist alles unter der Sonne patentierbar, das von Menschehand erschaffen wurde. Hierzu zählen auch "Gene und DNA Codes, die beschrieben wurden, isoliert werden können und denen eine bestimmte Funktion nachgewiesen werden kann."

Härlins Kritik an diesen Regelungen setzt hier schon grundsätzlich ein: Nach Auffassung von Greenpeace sind Gene keineswegs menschliche Erfindungen, sondern als Entdeckung aufzufassen. Demnach würden sie nicht als patentierbar gelten können!

Greenpeace fordert daher: "No patents on life and DNA!", und zwar aufgrund folgender, von Härlin vorgetragener Argumente:

Patente auf Gene sind immoralisch und außerdem lediglich als Entdeckung anzusehen; Genpatentierung bedrohe zudem den Austausch von Wissen und die Entwicklung der Wissenschaft (als Folge der "Plant Variety Protection", einem Exclusivrecht auf die Benutzung "erfundener" Gene). Auch werde in ähnlicher Weise die Freiheit und Unabhängigkeit der Landwirte bedroht, als Folge davon, daß die Kontrollmechanismen über die erzeugten Produkte immer mehr Sache der Industrie sind, und immer weniger die der Landwirte selbst.

Um die Drastik und Beschleunigung in der Entwicklung der Patentierung auf Leben anschaulich zu machen, listet Härlin einen Zeitablauf der Bio-Patente in den USA auf. Hierzu gehört das erste Verhandlung über GE-(genetical engineering) Patente überhaupt 1979, gefolgt vom ersten patentierten Mikroorganismus im Jahr 1980, der ersten Patentierung auch "höherer" Pflanzen 1985 und dem Patent auf die "Oncomouse" im Jahr 1988, dem gleichen Jahr, in dem im "Moore vs. UCA"-Fall zuungunsten eines Patienten entschieden wurde, dessen Arzt bestimmte Zellen seines Patienten hatte patentieren lassen. Vorläufiger Höhepunkt der von Härlin aufgezeigten Entwicklung stellt das Jahr 1996 dar, in dem nun auch operative Methoden unter bestimmten Umständen patentierbar geworden sind.

Im folgenden nimmt Härlin die Auswirkungen der Genpatentierung auf die Wissenschaft noch einmal unter die Lupe.

Sich aus dem Druck der industriellen Genpatentierung faktisch für Wissenschaftler ergebenden Zwänge wären demnach: "Spreche nicht über Deine Forschungen, bevor Du Dein Patent nicht offiziell angemeldet hast!" "Denke in Produkten, nicht in Netzwerken!" "Stelle proprietäre Ansprüche auf alles, was Dir unter die Finger kommt!"

Ähnlich würden sich, so Härlin, die aus der Genpatentierung resultierenden Zwänge auf die Medizin gestalten: - Genpatentierung fördert die Orientierung auf Produktforschung, nicht auf Methodenforschung. - Die Gesetzgebung zur Genpatentierung behindert die Forschung in Bereichen, die bereits proprietären Ansprüchen unterliegen. - Genpatentierung "enteignet" traditionelles Wissen.

Um diese Analysen durch Eigenwerbung der Genindustrie für sich selbst sprechen zu lassen, verweist Härlin auf die website der "Human Genome Science" (http://www.hgsi.com/patents/index.html). Dort heißt es: "As of early July 1999, HGS had filed patent applications that describe the medical use of more than 6,300 newly discovered individual human genes. All of these patent applications cover inventions based on full-length sequences of human genes. Many of these patent applications are the result of HGS.´ Functional Genomics program."

Härlin weist noch einmal darauf hin, daß es sich bei diesen 6300 Applikationen tatsächlich um mit in Krankheiten in Verbindung stehende Gene handelt. Als Schluß aus der oben skizzierten Gesetzgebung ist zu folgern, daß auch die medizinische Behandlung der mit diesen Genen in Verbindung stehenden Krankheiten nunmehr dem Patentrecht unterliegt!

Als dritten Sektor der direkten Auswirkungen von Genpatentierung stellt Härlin, nach der Wissenschaft und der Medizin, die Landwirtschaft vor.

Die Praktiken der Genpatentierung privatisierten demnach ein "öffentliches Gut", nämlich dasjenige der landwirtschaftlichen Erzeugung als kultureller Praktik. Zudem habe ein fundamentaler Wechsel hin zur industriellen Kontrolle/Kontrollierbarkeit von landwirtschaftlichen Praktiken eingesetzt.

So sei zu bemerken, daß die 10 größten agro-chemischen Unternehmen mittlerweile 2/3 der landwirtschaftlich nutzbaren Genpatente besitzen.

Mit einem Aufruf, der Konzentration dieses Industriesektors entgegenzuwirken und einer Solidarbotschaft an Percy Schmeiser, einem kanadischen Landwirt, der sich seit Jahren mit Monsanto im Rechtsstreit über angeblich von ihm verwendete Monsanto-Genpatente befindet, beendet Härlin seinen Vortrag, nicht, ohne zusammenfassend auf die wichtigsten Aspekte der "Genetic Engineering Campaign" von Greenpeace Greenpeace) hinzuweisen:
1. Genpatentierung stellt eine gravierende Bedrohung der Umwelt dar.
2. Genpatentierung korrumpiert die Wissenschaft.
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